Unsere Welt ist von unaufhörlichen Anforderungen und Erwartungen geprägt. Selbstfürsorge kann hier ein revolutionärer Akt sein – besonders für Frauen. Die Fähigkeit, eigene Grenzen zu setzen und zu erkennen, wann man Nein sagen muss, ist nicht nur ein wichtiger Aspekt der persönlichen Gesundheit, sondern auch ein fundamentaler Beitrag zur sozialen und kulturellen Dynamik unserer Gesellschaft. In diesem Beitrag möchte ich die Wichtigkeit der Selbstfürsorge aus einer feministischen Perspektive beleuchten und aufzeigen, wie essentiell sie für die psychische Gesundheit und das gesellschaftliche Wohlergehen ist.

Die feministische Bedeutung der Selbstfürsorge

Für viele Frauen und Femmes besteht der Alltag darin, die Bedürfnisse anderer vor die eigenen zu stellen. Sei es in der Familie, im Beruf oder in sozialen Beziehungen, Frauen werden oft ermutigt – und manchmal gezwungen – ihre eigenen Grenzen zu überschreiten, um den Erwartungen zu entsprechen. Diese ständige Selbstüberforderung kann zu Erschöpfung, Stress und psychischen Erkrankungen führen.

Selbstfürsorge in diesem Kontext zu praktizieren bedeutet, bewusst eigene Bedürfnisse zu priorisieren und gesunde Grenzen zu setzen. Dies ist ein Akt des Widerstands gegen gesellschaftliche Strukturen, die Frauen systematisch dazu drängen, sich selbst zu vernachlässigen und gleichzeitig zu optimieren.

Warum ist Selbstfürsorge wichtig?

  1. Psychische Gesundheit: Regelmäßige Selbstfürsorge hilft, das Risiko von Depressionen, Angstzuständen und anderen psychischen Störungen zu reduzieren. Wir können dadurch besser mit Stress umgehen und schaffen ein allgemeines Gefühl des Wohlbefindens.
  2. Physische Gesundheit: Viele Selbstfürsorgepraktiken, wie ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung und körperliche Aktivität, haben direkte Auswirkungen auf die physische Gesundheit und können das Risiko von Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes verringern.
  3. Gesellschaftlicher Einfluss: Wenn wir lernen, Grenzen zu setzen und für uns selbst zu sorgen, setzen wir ein starkes Zeichen gegen die kulturellen Erwartungen an v.a. weibliche Aufopferung. Dies fördert eine gesündere, ausgeglichenere Gesellschaft, in der im besten Falle die Bedürfnisse aller Mitglieder ernst genommen und respektiert werden.

Tipps zur Umsetzung von Selbstfürsorge

  1. Grenzen setzen:
    • Beruflich: Informieren Sie Ihre Kolleg:innen und Vorgesetzte Personen klar darüber, was Sie realistischerweise in einer Arbeitswoche leisten können, um Überarbeitung zu vermeiden. Zum Beispiel, indem Sie feste Arbeitszeiten einhalten und Aufgaben delegieren, wenn Ihr Arbeitspensum zu hoch wird.
    • Privat: Wenn Sie sich überfordert fühlen, bitten Sie um Hilfe oder sagen Sie soziale Verpflichtungen ab, ohne sich schuldig zu fühlen. Ein konkretes Beispiel könnte sein, bei einem Familientreffen früher zu gehen, um Zeit für sich selbst zu haben.
  2. Zeit für sich selbst:
    • Entspannung: Legen Sie täglich eine feste „Ich-Zeit“ fest, in der Sie ein Buch lesen, ein entspannendes Bad nehmen oder Meditation üben oder mal einfach auf dem Sofa liegen und nichts tun (auch das muss geübt werden).
    • Hobbys: Widmen Sie sich regelmäßig Aktivitäten, die Ihnen Freude bereiten und Sie erfüllen. Das könnte ein wöchentlicher Malkurs sein, das Spielen eines Musikinstruments oder auf einer Parkbank zu sitzen und die Umgebung zu beobachten.
  3. Soziale Unterstützung suchen:
    • Freundschaften pflegen: Verabreden Sie sich regelmäßig mit Freund:innen, die Sie positiv stimmen und unterstützen. Das könnte ein wöchentlicher Spaziergang oder Kaffeedate sein.
    • Support-Gruppen: Treten Sie Gruppen oder Vereinen bei, die sich mit Themen beschäftigen, die Ihnen wichtig sind, wie etwa eine Naturschutzgruppe oder ein Buchclub. Dies schafft ein Netzwerk von Menschen mit ähnlichen Interessen und Herausforderungen.
  4. Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen:
    • Therapie: Suchen Sie eine Psycholog:in auf, die auf Ihre spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen eingeht. Dies kann besonders hilfreich sein, wenn Sie Schwierigkeiten haben, Ihre Probleme allein zu bewältigen.

Selbstfürsorge ist mehr als nur ein Trend – sie ist eine lebensnotwendige Praxis, die uns hilft, unsere eigene Gesundheit und unser Wohlbefinden in einer oft anspruchsvollen Welt zu bewahren. Insbesondere für Frauen, die traditionell dazu ermutigt werden, die Bedürfnisse anderer vor ihre eigenen zu stellen, ist die bewusste Integration von Selbstfürsorge in den Alltag ein kraftvoller Schritt hin zur Selbstbestimmung und psychischen Gesundheit.

Indem wir lernen, unsere eigenen Grenzen zu respektieren und zu schützen, stärken wir nicht nur uns selbst, sondern beeinflussen auch das gesellschaftliche Bild von Fürsorge und Verantwortung. Lasst uns diesen Weg der Selbstfürsorge gemeinsam gehen, um nicht nur als Individuen, sondern auch als Gesellschaft zu wachsen.